An der Westküste Mexikos ragt eine langgezogene Halbinsel in den Pazifik: Die Baja California. Zwischen ihr und dem Festland liegt der Golf von Kalifornien. Er wird oft auch als „Aquarium der Welt" bezeichnet, denn hier herrscht eine beeindruckende Artenvielfalt. Teufelsrochen, Grauwale, Weiße Haie, Seeelefanten und Meeresschildkröten tummeln sich – oder taten es jedenfalls lange Zeit in großer Zahl. Die älteren Bewohner der Baja California berichten, dass es in den Vierzigerjahren so viele Meeresschildkröten gegeben habe, dass man auf ihren Panzern über das Meer laufen konnte.
Gefährliche Überfischung
Wenige Jahrzehnte später waren das kaum vorstellbare Geschichten. Der Artenreichtum brach ein, viele Tiere waren stark gefährdet. Das lag vor allem an der Fischerei. Viele Menschen gingen diesem Beruf nach und nahmen dem Meer alles, was es geben konnte. Austern oder Seeohren waren kaum noch zu finden, die Bestände der Schildkröten, Thunfische, Haie und Zackenbarsche ging stark zurück. In vielen Küstenorten herrschte Armut und die Familien zogen von Dorf zu Dorf, um doch noch die letzten Fische zu ergattern. Am einzigen echten Korallenriff im Golf von Kalifornien fanden sich zahllose Narben und Löcher – verursacht durch die Anker der Fischerboote.
Fischer werden Meeresschützer
Genau dieses Korallenriff ist heute eine Fangverbotszone. Die positiven Folgen sind unübersehbar: Seit 2000 ist die Biomasse um das Zwei- bis Dreifache angestiegen. Und auch in vielen anderen Küstenorten der Halbinsel verzichten die Fischer freiwillig auf den Fang oder starten erst später im Jahr. Seeohren zum Beispiel werden erst ab April gefangen, wenn die Muscheln mehr Gewicht ansetzen konnten.
Wie kommt es aber, dass die Fischer freiwillig ihre Chance auf Einnahmen verkleinern? Der Schlüssel ist ein System, an dem die Küstengemeinden zusammen mit Umweltschutzorganisationen und der mexikanischen Regierung arbeiten. Man hat verstanden, dass die Erträge stabiler bleiben, wenn die Tiere immer wieder Zeit bekommen, um sich zu erholen. Da die Fischer in dieser Zeit andere Jobs brauchen, konzentriert man sich vermehrt auf sanften Ökotourismus. Naturliebhaber aus aller Welt kommen auf die Halbinsel, um zum Beispiel die Grauwale mit ihren Jungen zu sehen.
Eine andere Einnahmequelle besteht im Naturschutz selbst. In Gemeinden wie El Manglito werden Fischer und Wilderer zu Naturschützern umgeschult. Sie bekommen ein Gehalt und haben die Aufgabe, die Bestände zu schützen. In El Manglito gab es 2009 schätzungsweise noch 100.000 Steckmuscheln. Heute sind es wieder rund 2,3 Millionen.
Ein wegweisendes Konzept
Nach jahrzehntelanger Überfischung wendet sich die Baja California einem neuen Konzept zu. Die Fischer beteiligen sich am Schutz der Meere, anstatt sie auszubeuten. So bleibt die Region auch als Tourismus-Ziel sehr attraktiv – was wiederum für Einnahmen sorgt. Und je mehr Gemeinden erkennen, dass der Naturschutz positive Folgen nach sich zieht, desto mehr Schutzgebiete werden entstehen.
Foto: Michael R Perry ( CC BY 2.0 )